Historisches zum Thema Lehm

Das natürliche Baumaterial Lehm ist in fast allen heißen, trockenen und gemäßigten Klimazonen der Erde eine reiche Ressource. Das hat dazu geführt, dass es noch heute zu den meistgenutzten Baumaterialien überall auf der Welt gehört. Jede Kultur – von Europa, Afrika, Asien oder Amerika – hat dabei ihre ganz eigenen Lehmbautechniken und Bauformen entwickelt. Noch heute lebt etwa ein Drittel der Menschheit in Lehmhäusern. 

Die bekanntesten Lehmbauten sind der Turm von Babel und die Chinesische Mauer. Die ältesten bekannten Lehmbauten entstanden bereits vor ca. 10.000 Jahren in Russland. Stampflehmfunde aus Assyrien sind datiert auf 5000 v.Chr. Die alten Ägypter haben luftgetrocknete Lehmziegel zum Bau von Häusern eingesetzt. Im Mittelalter wurde Lehm zum Ausfachen von Fachwerkbauten, als Lehmputz und als Brandschutz für die Strohdächer verwendet. Die ältesten Hochhäuser der Menschheit stehen in Shibam im Jemen und sind über 500 Jahre alt! Lehmbauten sind sehr stabil und belastbar. 

In Deutschland tritt Lehm besonders als Ausfachung traditioneller Fachwerkhäuser in Erscheinung. Bis in die 1930er Jahre wurde Lehm auch beim traditionellen Bauen in fast jedem Haus verbaut, als Einschub in Holzbalkendecken, zum Schallschutz, zum Schutz von Holzbalken im Mauerwerk usw.

Massivlehmhäuser sind eher selten. Sie kommen ohne Stützkonstruktionen, wie z.B. Holz aus. Die massiven Lehmwände tragen die gesamten Lasten des Hauses selbst. In Weilburg an der Lahn steht das höchste massive Lehmhaus Mitteleuropas. Nach einer dreijährigen Bauzeit wurde es 1828 fertig gestellt. Anders als in anderen Ländern, z.B. Frankreich, wo der Stampflehmbau eine lange Tradition hatte, wurde diese Bauweise in Deutschland erst im 18. Jahrhundert eingeführt. Alte Lehmhäuser sind oft als solche nicht erkennbar, da sie meist eine zeittypische Putzfassade haben. 

Wir können davon ausgehen, dass Lehm nicht nur aus praktischen Gründen bei vielen Völkern als Baustoff zum Einsatz kam. Die Baumeister und Bewohner von Lehmhäusern wussten um die Vorteile, Räume aus dem natürlichen Rohstoff zu bauen.

Im Zuge der Industrialisierung und Technologisierung entwickelte die Industrie seit den 50er Jahren wirtschaftlich günstigere Baustoffe, in denen jedoch Kunstfasern und Chemikalien zum Einsatz kamen. Die dabei genutzten Materialvorteile bezogen sich in erster Linie auf die baulichen Verarbeitungsmöglichkeiten und weniger auf die Lebensfreundlichkeit. 

Seit Beginn der 1980er Jahre rücken nun die Belastungen der künstlichen Baustoffe wie auch Dispersionsfarben aufgrund der sichtbar werdenden Folgen (Zunahme von Allergien, Asthma) immer mehr in den Blick. Auf der Suche nach gesunden Alternativen kehren Menschen wieder zurück zum Urbaustoff Lehm.